Abschied von Paulchen

Am Montagmorgen ganz früh mussten wir Paulchen in Gelsenkirchen gehen lassen.

Paulchen zog Ende 2018 als Letzter aus einer Haltung ein, die jahrelang zuvor selbst Vögel für den Tierschutz gerettet hat und aufgegeben werden sollte.Er war damals schon fast 10 Jahre alt und ist in Gelsenkirchen endgültig zum Opi geworden.


Anfangs hieß es, er hätte wohl Leberprobleme, weshalb ihm ständig die Krallen und der Schnabel gekürzt werden müssten. Diese Vermutung konnte hier nicht bestätigt werden. Stattdessen machte sich recht bald ein deutliches Schilddrüsenproblem bemerkbar, indem Paulchen laut und intensiv beim Putzen quiekte. Die Linderung durch Jod war eher mäßig.


Als Paulchen einzog, kannte er keine Schlafvoliere, er verbrachte vorher mit seinen ehemaligen Freunden auch nachts draußen im Vogelzimmer. Umso größer war die Überraschung, als er die Voliere für sich entdeckte, gut fand und fortan nur noch zum Futtern und bei großem Trubel im Schwarm seinen sicheren neuen Ort verließ. :oIn der Schlafvoliere hatte er auch seine diversen Begleiterinnen, die tagsüber gerne mit ihm zusammen auf ihren Schaukeln dösten. Mehr wollte er in seinem fortgeschrittenen Alter nicht mehr, aber das fand er gut.


Leider kam es bei ihm nachts immer wieder zu Panikattacken mit anschließenden Krämpfen.Er wurde deswegen mehrfach den Tierärzten vorgestellt, bekam gelegentliche Infusionen und wurde verdachtsweise auf ein Nierenproblem behandelt, was ihm regelmäßig auch guttat, aber die Krämpfe nicht reduzierte.Erst durchzuckte es ihn, wie von der Tarantel gestochen und auch am Tage. Nachts aber verlor er die Orientierung und begann bald darauf zu krampfen; zum Schluss ein bis zweimal wöchentlich. Dann wurde ein kleines Licht angemacht, er in eine Transportbox gesetzt, wo er sich wiederfand und bis zum Wecken morgens wieder ganz der Alte war.


Bis Montag früh. Um vier Uhr morgens war es wieder soweit, aber diesmal kam er auch in der übersichtlichen Transportbox nicht aus seinen Krämpfen heraus.
Schließlich sind wir weit vor der Praxisöffnung zur Tierklinik gefahren. Die Tierärztin war zum Glück schon da und hat ihm dann den letzten Dienst erwiesen. Anders konnte sie ihm diesmal auch nicht helfen.


Lieber Paulchen, Du hättest gerne noch ein paar Monate oder Jahre länger bleiben können, denn Du warst hier ein ganz lieber und angenehmer Zeitgenosse. Wenn Du die Tage auf Deiner Schlafschaukel verbrachtest, hattest Du einen Ort der Ruhe und Sicherheit auch für die Anderen um Dich herum geschaffen. Dein Juckreiz und Quieken war für Dich sicher am meisten nervig, aber ansonsten harmlos, man konnte sich daran gewöhnen. Nur diese schlimmen nächtlichen Attacken… die Tierärztin meinte, Du selbst hättest sie nie wahrgenommen, weil Du in den Momenten weg warst. Hoffen wir, dass es so war, denn dann war Deine letzte Wahrnehmung die nächtliche Stille in Deinem vertrauten Schwarm, und Du konntest friedlich ziehen.
Mach es gut da oben, kleiner Paulchen, Du wirst dort sicher genauso geliebt wie hier.

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